Erfahrungsbericht Tobias Raue

Tobias Raue ist Lehrer an den Kaufmännischen Schulen Rheine und bietet den DGPS seit 1999 an seiner Schule an. Im Interview erzählt er, welchen Mehrwert er in dem Projekt sieht und was ihn motiviert, jedes Jahr wieder teilzunehmen.

Tobias Raue, Kaufmännische Schulen Rheine © Claudia Höhne

Herr Raue, warum haben Sie sich dafür entschieden, den DGPS an Ihrer Schule anzubieten?
Der DGPS hat an unserer Schule eine lange Tradition. Seit dem Beginn des Planspiels (damals noch unter dem Namen StartUp-Werkstatt) 1999 sind wir gemeinsam mit unserem Partner, der Stadtsparkasse Rheine, dabei. Seitdem sind unsere Schülerinnen und Schüler mit Engagement, Herzblut und vielen kreativen und marktfähigen Ideen dabei. Im Laufe der Zeit haben wir mit unterschiedlichem Erfolg teilgenommen, aber nie den Gedanken gehabt, sich vom Wettbewerb zu verabschieden, dazu ist das gesamte Konzept zu tragfähig. Die professionelle Unterstützung in personeller, technischer und organisatorischer Hinsicht aller Beteiligten bietet das ideale Umfeld, sich als Coach auf das Wesentliche eines solchen Planspiels zu konzentrieren: die Unterstützung der Teams. Es sind daher vier Gründe, die für den DGPS sprechen: Tradition, Renommee, Umfeld und Konzept.

Wie integrieren Sie das Planspiel in den Unterricht?
In unserer Schule wird der Wettbewerb in der Veranstaltung StartUp im Rahmen des Differenzierungsbereichs der Gymnasialen Oberstufe umgesetzt. Im Laufe des Unterrichts können sich die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 12 und 13 an unserer Schule am Planspiel beteiligen. Dazu bewerben sich viele Interessierte am Ende der Stufe 11 auf die beschränkten Plätze. In der Regel werden aus dem Bewerberfeld 12 geeignete Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt, die in einem Kurs zeitlich zunächst zusammenarbeiten, später allerdings als zwei Teams mit jeweils sechs Personen am Wettbewerb teilnehmen. Der DPGS wird an unserer Schule also nicht integrativ, sondern in einer gesonderten Veranstaltung in die Unterrichtsorganisation eingebunden. Das macht es möglich, sich zum einen ganz auf den Wettbewerb zu konzentrieren. Auf der anderen Seite wirkt die neue Kurszusammensetzung und enge Kleingruppenbetreuung motivierend auf die Teams (und den Coach).

Wie viele Wochenstunden investieren Sie in den Wettbewerb?
Die investierte Zeit lässt sich schlecht in Wochenstunden beziffern. Abhängig von der Spielphase muss man sich mehr oder weniger einbringen. In ruhigeren Phasen ist es neben den regulären Stunden noch ca. eine weitere Stunde für die Vor- und Nachbereitung der Meetings. Ich schätze, dass die Belastung für die Teammitglieder ähnlich hoch ist. Kurz vor dem Fristende der Aufgaben und zum Ende des Wettbewerbes ist (nicht nur) die zeitliche Belastung deutlich höher. Teilweise verlängern sich die Meetings in den Nachmittagsbereich, Zusatztermine und Workshops am Samstag sorgen für weitere zeitliche Beanspruchung. Auch die „Gründer“ werden in dieser Zeit stärker in die Pflicht genommen. Ich empfinde diese Zeit aber nicht als zusätzliche Belastung wie es z. B. bei einer Klausurkorrektur der Fall ist. Sicherlich ergeben sich zusätzliche Termine aus dem Engagement, aber die Motivation der Teams und die angenehmen zusätzlichen Erfahrungen wiegen dies bei weitem auf.

Wie wirkt sich die Teilnahme auf die Einstellungen der Schülerinnen und Schüler zu Unternehmertum und Selbstständigkeit aus?
Viele der Absolventen spiegeln mir ein zusätzliches Interesse an StartUps. Ich habe auch mit Ehemaligen gesprochen, die sich „auf jeden Fall“ selbstständig machen wollen – und teilweise war sogar eine tragfähige Konzeption vorhanden.

Offensichtlich ist klar, dass sich die Teams in fachlicher Hinsicht weiterentwickeln. Viele Elemente aus dem BWL-Unterricht finden sich in den Wettbewerbsaufgaben wieder. Viel erstaunlicher aber sind die weiten Sprünge im Bereich der Schülerpersönlichkeiten. Hier reflektieren die Teammitglieder selbst eine enorme Entwicklung.

Tobias Raue, Kaufmännische Schulen Rheine

Was bringt das Spiel Ihren Schülerinnen und Schülern?
Die Effekte des DGPS auf die Schülerinnen und Schüler darf man nicht unterschätzen. Offensichtlich ist klar, dass sich die Teams in fachlicher Hinsicht weiterentwickeln. Viele Elemente aus dem BWL-Unterricht finden sich in den Wettbewerbsaufgaben wieder. Selbstverständlich kommt es auch zu positiven Effekten in den Bereichen Selbst- und Teamverantwortung, Präsentation, Kommunikation (mit Dritten), Selbstsicherheit und Projektarbeit. Viel erstaunlicher aber sind die weiten Sprünge im Bereich der Schülerpersönlichkeiten. Hier reflektieren die Teammitglieder selbst eine enorme Entwicklung. Die verschiedenen Erfahrungen bei den Treffen mit den Paten, der Kontakt zu potentiellen Lieferanten und Kunden, das Auftreten auf den Kick-offs und Abschlussveranstaltungen sind ganz neue Facetten für die Schülerinnen und Schülern. Hier nehmen sie ganz viel für sich und ihre Persönlichkeitsentwicklung mit. Der Erfolg im Wettbewerb beflügelt natürlich noch zusätzlich.

Wie motivieren Sie Ihre Schülerinnen und Schüler?
Motivation ist der Dreh- und Angelpunkt des DPGS. Als Leiter einer AG habe ich es besonders schwer, da die Stunden regelmäßig nach dem Unterrichtsende in der 7. oder gar 8. Stunde beginnen. Die persönliche Motivation in meiner Rolle als Coach muss daher immer vorbildlich sein und sich im besten Falle auf die Schülerinnen und Schüler übertragen. Ich achte weiterhin darauf, dass sich die Teams mit Produktideen beschäftigen, die für den Wettbewerb und auch für die lange Zeit tragfähig scheinen. Die ersten Wochen der Produktauswahl stellen daher einen besonderen Schwerpunkt der Arbeit dar. Der Wettbewerbscharakter sorgt außerdem dafür, dass die Gruppen im Vergleich zu den aktuellen und vergangenen Schulteams sowie im regionalen und nationalen Vergleich vernünftig dastehen wollen. Darauf muss ich auch gar nicht selber hinweisen – da motivieren sich die Teams selbst genug.

Was macht Ihnen besonders Spaß an diesem Projekt?
Seit langem wird über eine notwendige und wünschenswerte veränderte Lehrerrolle diskutiert. Der Lehrer soll sich weiter zurücknehmen, er soll den Lerner bei der Arbeit begleiten. Die Verantwortung trägt der Lernende selbst: selbstverantwortliches Lernen. Die Bezeichnung Coach, die beim DGPS nicht umsonst so gewählt wurde, entspricht diesem Gedankenkonstrukt in besonderer Weise. Als Partner im Prozess stehe ich den Teams beratend zur Seite, gebe Informationen nach Wunsch weiter oder konstruiere gemeinsam Arbeits- und Zeitpläne. Es ist also genau die Arbeit, die meiner Vorstellung von Lehrersein sehr nah kommt. Ich gehe sehr partnerschaftlich mit den Teams um.

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