„Das Produkt, das uns gefehlt hat, haben wir uns quasi selbst gebaut“

Noch als Studentin gründete Lilly Wittrock ChefTreff – eine Businesskonferenz für junge Leute.

Es passierte beim Pommes essen, als Lilly Wittrock und Jan Henri Kalinowski beschließen, das auf die Beine zu stellen, was in Hamburg bisher fehlte: eine Businesskonferenz für junge Leute - ChefTreff. Wie es dazu kam, erzählt sie uns im Interview.


Lilly, ihr habt 2017 innerhalb von sechs Wochen euer erstes ChefTreff-Event auf die Beine gestellt. Wie seid ihr dabei vorgegangen?

Lilly Wittrock: Es waren vor allem drei Faktoren, an die wir denken mussten. Erstens: Welches Datum eignet sich für das Event? Zweitens: Welche Location bietet sich an? Drittens: Wie finden wir tolle Speaker? Momentan haben wir ein sehr gutes Speaker-Netzwerk, damals war das noch anders. Trotzdem haben wir, Tarek Müller, den Gründer von About You, Chris Kastenholz, den Gründer von Pulse Advertising und Zeitgeistforscherin Kirstine Fratz für unser Event gewonnen. Das sind echt starke Speaker, die heute auf jeder Ted-Talk-Bühne des Landes stehen.
Gute Referenten zu finden ist die eine Sache, die andere ist, viele Besucher zu deinem Event zu locken. Am Anfang haben wir Freunde und Freundesfreunde eingeladen, wir haben auf dem Campus mit Flyern und Plakaten für die Veranstaltung geworben. Rückblickend war das eher ein kleiner Marketingaufwand. Social Media ist erst im Laufe der Zeit dazu gekommen, da uns auf den Kanälen am Anfang noch die Reichweite fehlte. Vor allem die Weiterempfehlungen - Freunde animieren Freunde, sich ein Ticket zu kaufen - waren für uns Goldwert und der Haupthebel für das Marketing. Und es hat funktioniert. Zu unserem ersten Event kamen 250 Teilnehmer.

Und was habt ihr aus der ersten Veranstaltung mitgenommen?

Lilly Wittrock: Die erste Erkenntnis war, dass offensichtlich Interesse an ChefTreff besteht und dass zweitens gute Speaker enorm wichtig sind. Außerdem relevant: Netzwerken, das aber bei jungen Leuten etwas anders funktioniert, als bei Personen, die schon lange im Berufsleben stehen und daran eher gewöhnt sind. Wir haben uns deshalb auch neue Aktionen überlegt, z. B. kleine Insight-Sessions oder Speeddatings. Durch diese Erkenntnisse konnten wir beim nächsten Event die Teilnehmerzahl verdoppeln.

Netzwerken heißt das Stichwort, um namhafte Speaker auf die Bühne zu bekommen. Welche Strategie habt ihr dafür?

Lilly Wittrock: Am Anfang war es schwer Speaker, aber auch Sponsoren und Partner für unser Projekt zu begeistern. Die meisten wollten sich die erste Veranstaltung vorher anschauen und beim nächsten Event einsteigen. Wir haben aber auch gemerkt, dass viele Gründer und Manager grundsätzlich Interesse daran haben, ihr Wissen an junge Leute weiterzugeben. Manchmal ist es nur eine Terminfrage.

Daher gilt: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Es ist wichtig, sich zu trauen und direkt auf Leute zuzugehen - ob nun persönlich oder per Mail. Bei der Ansprache sollte man sich immer fragen, was hat die andere Person davon, wenn sie uns unterstützt. Ich selbst habe gemerkt, dass das Produkt, wie ich es sehe, nicht unbedingt auch so vom Gegenüber wahrgenommen wird. Wenn ich mich also in die Lage des anderen hineinversetze, dann kann ich meine Argumentation besser aufbauen und damit mein Produkt besser verkaufen. Aktuell bekommen wir viele Speaker vor allem durch Weiterempfehlung. Das Netzwerk ist extrem wichtig. Es lohnt sich, dieses von Anfang an aufzubauen und zu pflegen. Ich besuche oft Veranstaltungen - auch um zu sehen, wie andere Events funktionieren. Es lohnt sich, einfach auf Leute zuzugehen und ein unverbindliches Gespräch anzufangen. Man muss aber nicht sofort versuchen, sein Produkt zu verkaufen. Die Hamburger Business-Szene zum Beispiel ist überschaubar, die Wege kreuzen sich ziemlich häufig.

Was hast du selbst von den Speakern für eure Gründung lernen können?

Lilly Wittrock: Wir fragen unsere Speaker immer nach den Top 5 Rules for Success. Daraus habe ich vor allem zwei Learnings mitgenommen: 1. Mut und Spaß an der Arbeit haben. 2. Why not? Das hatte Narina Jander-McAlister, Head of Technical Buying and Operations bei Otto, beim letzten Event auf eine Folie geschrieben. Wenn dir ein neues Projekt, eine neue Aufgabe etc. angeboten wird, dann frage dich: Warum nicht? Was habe ich eigentlich zu verlieren? Einfach mal ausprobieren. Das ist auch das, was wir selbst bei ChefTreff so gemacht haben. Das Produkt, das uns gefehlt hat, haben wir uns quasi selbst gebaut.

Wie finanziert ihr ChefTreff?

Lilly Wittrock: Wir machen alles ehrenamtlich und zahlen uns kein Gehalt aus. Das erste Event haben wir aus eigener Tasche finanziert, jetzt erhalten wir Unterstützung durch Sponsoren und finanzieren uns durch die Ticketverkäufe. Aber wir halten an unserem Ziel fest: Wir möchten weg von den 300 bis 400 Euro teuren Konferenztickets. Denn wir wollen auch Studierenden die Chance ermöglichen, so ein Event zu besuchen. 12 Euro kann dagegen jeder in seine Zukunft investieren.

Wie wollt ihr ChefTreff weiterentwickeln, was ist eure Vision?

Lilly Wittrock: Unsere Vision für ChefTreff ist, das größte Event für Studierende und Young Professionals in Deutschland zu werden. Bei der Konferenz soll es gezielt, um die persönliche Weiterentwicklung und die nächsten Karriereschritte gehen. Das fehlt aktuell extrem. Unsere Generation braucht Vorbilder, die zeigen, was sie erlebt und wie sie Hindernisse gemeistert haben.

Hinweis der Redaktion: Das Interview mit Lilly Wittrock haben wir vor Ausbruch der Corona-Pandemie geführt.

Lilly Wittrock absolvierte eine Ausbildung als Kauffrau für Marketingkommunikation bei mymuesli, Gewinner des Deutschen Gründerpreises 2013, und studierte anschließend BWL an der Universität Hamburg. Neben ChefTreff arbeitet sie in einem Start-up und an eigenen Projekten. Mehr zu Lilly Wittrock gibt es auch auf Instagram in den Story-Highlights.

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