"Ein Projekt, hinter dem ich stehen kann"

Génica Schäfgen ist die Deutschlandchefin der ökologischen Suchmaschine Ecosia. © Ecosia

Surfen gegen den Klimawandel? Das geht – mit der ökologischen Suchmaschine Ecosia. Wir haben mit Génica Schäfgen, Deutschlandchefin von Ecosia, über die Besonderheiten der Suchmaschine und das Gründen eines Social Business gesprochen.


Im Internet surfen und gleichzeitig Gutes für die Umwelt tun. Das ist das Konzept hinter Ecosia, die dritte ökologische Suchmaschine des Unternehmers Christian Kroll. Ecosia ist ein sogenanntes Social Business, das sich nicht der Erwirtschaftung möglichst hoher Gewinne, sondern ausschließlich der Lösung ökologischer und sozialer Probleme verschrieben hat. Das Prinzip: Das Unternehmen verwendet seine Gewinne für Aufforstungsprojekte. Fast 86 Millionen Bäume wurden so weltweit schon gepflanzt. Wir haben mit Génica Schäfgen, Deutschlandchefin von Ecosia, über ihre Motivation, die Besonderheiten der Suchmaschine und das Gründen eines Social Business gesprochen.

Frau Schäfgen, vor Ihrer Zeit bei Ecosia haben Sie im Bereich Influencer-Marketing gearbeitet. Warum sind Sie zu Ecosia gewechselt?

Génica Schäfgen: Mir hat das Influencer Marketing auch großen Spaß gemacht. Es war nicht so, dass ich dort für "böse" Produkte Werbung gemacht habe, aber sie waren eben auch nicht wirklich gut. Sie verursachten durch ihre Verpackung zum Beispiel viel Plastikmüll. Ich habe an diese Produkte daher nicht geglaubt und hatte den Wunsch, meine Zeit und meine Kompetenzen in ein Projekt zu stecken, hinter dem ich wirklich stehen kann.

Ecosia ist die dritte "grüne" Suchmaschine von Christian Kroll. Wie unterscheidet sie sich von den Vorgängerversionen?

Génica Schäfgen: Der Hauptunterschied ist der Partner. Der direkte Vorgänger von Ecosia, Forestle, war eine Kooperation mit Google, von dort stammten die Suchergebnisse und Anzeigen. Google hat die Kooperation dann aber nach kurzer Zeit beendet. Jetzt arbeiten wir mit Bing, also mit Microsoft, zusammen.

Die Server von Microsoft sind im Moment zu 60 Prozent klimaneutral. Weil wir den Anspruch haben, unsere Server zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu speisen, haben wir zusätzlich Solaranlagen gebaut. Unser Ziel ist es aber, nicht nur das zu kompensieren, was wir verursachen, sondern mehr Ökostrom zu produzieren, als wir für unsere eigenen Server brauchen.

Warum eignen sich Suchmaschinen als Social Business?

Génica Schäfgen: Suchmaschinen sind massenhaft genutzte Alltagsprodukte und durch das Geschäft mit Anzeigen sehr lukrativ. Christian Kroll war einer der Ersten, die erkannten, dass sich damit sehr gut Mittel für gemeinnützige Zwecke sammeln lassen.

Und in welchen anderen Branchen sehen Sie Möglichkeiten, ein Unternehmen zu gründen, das ökologische und soziale Probleme anpackt?

Génica Schäfgen: Als Social Business eignen sich vor allem solche Produkte, die im Alltag gebraucht werden, die geringe bis keine Nutzungshürden haben, die kostenlos zur Verfügung stehen und ihren Gewinn über Werbung generieren. Wir sehen zum Beispiel bei sozialen Netzwerken oder beim Onlinehandel Möglichkeiten, um ökologische oder soziale Probleme zu lösen. Der Avocadostore, ein Online-Marktplatz für Fair-Trade-Kleidung und nachhaltige Produkte, ist ein gutes Beispiel dafür.

Was würden Sie jungen Entrepreneuren raten, wie die Gründung eines Social Businesses gelingen kann?

Génica Schäfgen: Grundsätzlich raten wir Gründern von Social Businesses das, was wir jedem Start-up raten würden. Euer Produkt muss profitabel sein. Das Geschäftsmodell darf nicht auf Spenden oder Crowdfunding beruhen. Und natürlich: Nicht aufgeben!

Ecosia ist seit 2018 ein Unternehmen in Verantwortungseigentum. Was bedeutet das konkret?

Génica Schäfgen: Wir haben Ecosia 2018 in Verantwortungseigentum überführt, indem wir 99 Prozent der Kapitalrechte und 1% der Stimmrechte an die Purpose-Stiftung übertragen haben. Damit können wir sicherstellen, dass Ecosia seinen Werten treu bleibt, denn die Stiftung hat ein Veto-Recht gegen alle Unternehmensentscheidungen, die den ökologischen Kerngedanken widersprechen. Ecosia kann damit nicht mehr zum Spekulationsobjekt werden. Beim Verantwortungseigentum steht Wertetreue an oberster Stelle. Hohe Gewinne abzuwerfen ist kein definiertes Ziel.

Ecosia möchte seinen Usern helfen, besser informierte Entscheidungen zu treffen. Wie setzt Ecosia das um und welche Erneuerungen sind in Zukunft geplant?

Génica Schäfgen: Bei uns markieren Icons in den Suchergebnissen, wenn eine Organisation sich nachweislich umweltfreundlich verhält, oder aber mit fossilen Brennstoffen Geld verdient. Wir haben dafür eine Datenbank erstellt, in die wir Datensätze von Experten wie zum Beispiel der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald e.V. einspeisen und laufend ergänzen. Es geht uns nicht darum, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Wir sehen uns als Schnittstelle zwischen Mensch und Information und damit in der Verantwortung, für die Nutzer eine möglichst hohe Transparenz zu schaffen.

Wir haben außerdem den Climate Action Tracker in unsere Suchergebnisse integriert. Wer auf Ecosia nach einem Land sucht, bekommt angezeigt, wie hoch oder niedrig die Ziele der dortigen Klimapolitik sind. Aktuell arbeiten wir an einem Travel-Widget, das neben Flügen auch Zugverbindungen als Alternative anzeigt inklusive der damit verbundenen CO2-Einsparungen.

Wie achten Sie persönlich auf eine umweltfreundliche Lebensweise?

Génica Schäfgen: Im Alltag ist mir eine umweltverträgliche Ernährung wichtig. Außerdem nehme ich auch lange Zugreisen auf mich, um nicht fliegen zu müssen. Ich bin aber dafür, dass jeder Mensch für sich selbst entscheidet, was mit dem eigenen Leben vereinbar ist. Ich bemerke, dass bei vielen Menschen gerade ein Prozess des Umdenkens stattfindet. Wichtiger als den eigenen persönlichen Lebensstil finde ich aber, politische Überzeugungsarbeit zu leisten. Das heißt, sich sozial engagieren und Druck auf die Politik ausüben, damit neue Rahmenbedingungen eine gesamtgesellschaftlich nachhaltige Lebensweise ermöglichen. So kann man weitaus mehr erreichen.

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